Wie du einen Kalender effektiv benutzt, wenn du ADHS hast - Teil 1

Besitzt du einen Kalender? Schreibst du gerne relevante Dinge an einem bestimmten Ort auf, damit du sie nicht vergisst? Oder liegen in deiner Wohnung jede Menge Post-It Notes und lose Zettel mit wichtigen Informationen herum?

 

Wenn du Schwierigkeiten hast, dich an Termine oder Abgabefristen zu erinnern, dann ist ein Kalender für dich unumgänglich. Ein Kalender lässt dich nie im Stich, wenn du nicht mehr weißt, wann deine Prüfung stattfindet, wann du dich mit Freunden triffst oder ob du heute einen wichtigen Arzttermin hast. Ein Kalender hilft dir dabei, deine Woche zu strukturieren und deinen Tag besser zu planen. Ein Kalender kann dir ein beruhigendes Gefühl vermitteln, da du die Dinge unter Kontrolle hast. Du weißt genau, was ansteht und was von dir erwartet wird.  

Auf den ersten Blick klingt es vielleicht ein bisschen nervig, alles in deinem Leben aufzuschreiben, aber mit der Zeit wirst du dir ein Leben ohne Kalender nicht mehr vorstellen können. Wir alle brauchen die ein oder andere Hilfe in unserem Leben, und ein Kalender ist eine recht billige und simple Möglichkeit, den Überblick über unser Leben zu behalten.

 

Aber wie genau benutzt du einen Kalender?  Wie schaffst du es, alle Termine tatsächlich aufzuschreiben, damit du wichtige Ereignisse nicht vergisst?  

Zunächst brauchst du einen für dich passenden Kalender. Manche Menschen bevorzugen ein einfaches Notizbuch, andere kleben ihren überdimensionierten Kalender an den Kühlschrank, wo sie ihn ständig vor Augen haben, und wieder andere benutzen eine digitale Version, die sie auf ihrem Handy mit sich herumtragen. Es gibt auch eine Reihe von Apps, die du ausprobieren kannst.

 

Ich persönlich finde einen digitalen Kalender am praktischsten, da er es mir ermöglicht, Änderungen sofort vorzunehmen, wenn ein Meeting nicht stattfindet oder ein Termin verschoben wird. Ich möchte, dass mein Kalender immer so aktuell und genau wie möglich ist – und das ist manchmal recht schwierig, wenn es sich um einen konventionellen Kalender handelt.

Egal, für welchen Kalender du dich entscheidest, es muss ein Kalender mit stündlichen Zeitfenstern sein. Wenn dies nicht der Fall ist, hast du nämlich nicht genügend Platz, um alle Aktivitäten des Tages akkurat zu platzieren.

Jetzt kann es losgehen! Zunächst trägst du alle dir bereits bekannten Termine für Tests, Prüfungen, Referate oder Abgabefristen für Projekte und Hausarbeiten ein. Wenn du das genaue Datum einer Prüfung noch nicht weißt, kannst du einfach ein ungefähres Datum festlegen. Somit gewinnst du schon mal einen ersten Überblick über die vor dir liegenden Wochen und Monate und kannst besser absehen, wieviel Zeit dir für Tests und Projekte bleibt, und wann du idealerweise zu lernen beginnen musst.

Als nächstes trägst du alle Klassen oder Unikurse ein. Wie viel Zeit verbringst du täglich in Schule und Uni? Wenn du bereits arbeitest oder einen Nebenjob hast, dann kannst du diese Stunden auch hinzufügen.  

Als dritten Schritt kommen alle Aktivitäten und Termine hinzu, die a) sich regelmäßig wiederholen ( z.B. dein Yoga-Kurs, das Handballtraining, die Orchesterprobe oder ein wöchentlicher Besuch beim Krankengymnasten) und die b) nur einmalig stattfinden (das Mittagessen mit deiner besten Freundin, die Party bei Thomas oder der Besuch beim Zahnarzt). Langsam wird der Kalender immer voller.  

Weiterhin kann es hilfreich sein, wenn du die ungefähren Zeiten einträgst, zu denen du aufstehst, frühstückst, zu Mittag und zu Abend isst.

Jetzt siehst du genau, wie viele Stunden dir neben Schule, Arbeit und Freizeitaktivitäten noch zum Lernen verbleiben - und du kannst diese deinem Kalender hinzufügen. Wenn du das Gefühl hast, dass deine Freizeit zu viel Raum einnimmt, da z.B. wichtige Prüfungen anstehen oder du ein größeres Projekt beenden musst, kannst du dich entscheiden, ein paar Wochen z.B. kein Handball zu spielen oder die Treffen mit deinen Freunden zu reduzieren, um dich intensiv auf Schule oder Uni konzentrieren zu können. Dein Kalender zeigt dir genau an, wie du Zeit einsparen kannst - oder wo du vielleicht doch noch Zeit zum Lernen haben könntest.

Um nun ein besseres Gefühl dafür zu bekommen, wie lange du für bestimmte Aufgaben brauchst, unterteilst du diese Aufgaben in kleinere Untergruppen. Wenn du z.B. ein Buch für deine Englischklasse lesen musst, kannst du anhand der Seitenzahlen genau absehen, wie lange du für das Lesen brauchst. Normalerweise lesen wir durchschnittlich 20-30 Seiten pro Stunde – je nach dem, wie schwierig ein Text ist. Somit weißt du, dass du bei einem Buch von ca. 150 Seiten 5-6 Stunden zum Lesen veranschlagen solltest. Wo bringst du diese 5-6 Stunden in deiner Woche unter? Vielleicht an einigen Nachmittagen? Oder stehst du lieber morgens früher auf und liest vor dem Frühstück? Oder schaffst du vor dem Schlafengehen noch ein paar Seiten?

Denk immer daran, großzügig zu planen und genügend Zeit einzukalkulieren. Denn wenn du plötzlich länger brauchst, weil du dich einfach nicht konzentrieren kannst, ist es gut, nicht zu stark unter Zeitdruck zu stehen. Wenn du mehr Zeit als nötig einkalkuliert hast, hast du die Möglichkeit, mit deinen Gedanken hier und da abzuschweifen oder Familie und Freunde um Hilfe zu bitten, solltest du plötzlich feststecken.

Diese Methode kannst du auch bei deinen Tests und Klausuren anwenden. Teile deine Prüfungsvorbereitung in verschiedene Themenbereiche auf, die du dann in deinen Kalender einträgst. Für Französisch besteht deine Prüfung möglicherweise aus neuen Vokabeln, neuer Grammatik und kulturellem Wissen - aus drei Bereichen also, die du bei deinen Vorbereitungen berücksichtigen solltest.

Plane eine Woche lang täglich etwas Zeit für das Französischlernen ein. Da es normalerweise länger dauert, bist du alle Vokabeln sicher gelernt hast, wäre es gut, jeden Tag 15 Minuten für das Vokabellernen zu reservieren. Grammatik und Kultur fügst du ebenfalls an jenen Tagen in deine Woche ein, an denen du mehr Zeit zur Verfügung hast.

Das Gleiche gilt auch für deine Mathearbeit, bei der es um den Satz des Pythagoras, Kreisberechnungen und Textaufgaben geht. Wichtig ist immer, dass du die verschiedenen Themen gesondert übst und genug Zeit hast, ein oder zwei Mal auf das Gelernte zurückzukommen und dich zu testen, ob du alles verstanden hast.

 

Diese Strategie funktioniert ebenfalls bei wirklich komplexen Aufgaben wie einem Abschlussprojekt oder einer akademischen Hausarbeit. Auch hier gilt, dass du den großen Arbeitsberg in machbare Aufgaben unterteilst und eine Aufgabe nach der anderen abarbeitest. Da das Verfassen einer akademischen Hausarbeit ein wirklich großes Unterfangen ist und nicht selten Angstzustände und Panikattacken auslöst, findest du in den nächsten Wochen einen weiteren Artikel zum diesem Thema auf meinem Blog.

 

Es kann eine Weile dauern, bis das Arbeiten mit einem Kalender für dich zur Routine geworden ist. Je mehr du es übst, desto besser funktioniert es. Fang einfach klein an und trage jeden Tag eine weitere Aktivität in deinen Kalender ein. Es dauert bestimmt ein bisschen, bis du deinen Kalender wirklich effektiv nutzen kannst. Sei also geduldig mit dir selbst. Und wenn du immer wieder auf Probleme stößt und du mit deinem Kalender über längere Zeit so gar nicht zurecht kommst, wäre es vielleicht eine gute Idee, deine Familie, Freunde oder sogar einen professionellen Coach um Hilfe zu bitten.  

Ich wünsche dir auf alle Fälle viel Glück bei diesem neuen Abenteuer!

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