Sechs hilfreiche Schritte, wenn dir dein Perfektionismus dein Leben zerstört

Etwas wirklich gut machen zu wollen ist generell eine super Sache. Wenn du dir genügend Zeit nimmst, um ein Thema gründlich zu recherchieren, dann mit den Ergebnissen einen informativen Text zu verfassen und ihn auf Fehler zu überprüfen, ist das Ergebnis oftmals sehr beachtlich und bringt dir auch eine gute Note ein. An sich selbst hohe Erwartungen zu setzen ist durchaus begrüßenswert und etwas, auf das du stolz sein solltest

 

Jedoch, wenn du perfektionistisch veranlagt bist, reicht dir meistens ein gutes Ergebnis nicht aus. Perfektionistisch zu sein bedeutet, eine unrealistische Erwartungshaltung zu haben und weit über das hinauszugehen, was eigentlich von dir gefordert wird. Es bedeutet, erst dann mit etwas zufrieden zu sein, wenn es in jeglicher Hinsicht fehlerlos ist und daher keinen Ansatzpunkt für Kritik bietet. Wenn du etwas perfekt machst - so deine Annahme - brauchst du keine Angst vor einer schlechten Bewertung, vor Ablehnung oder einer Niederlage zu haben. Du bist auf der sicheren Seite und erntest das dir zustehende, verdiente Lob.

 

Perfektionismus als Hindernis für deinen Erfolg

Auch wenn Perfektionismus oft belächelt wird, so ist Perfektionismus an und für sich doch ein sehr problematisches Konzept. Wenn du dir selbst und oft auch gegenüber anderen unrealistische Zielte setzt, kann dies bei dir schnell zu Verunsicherungen, Angstzuständen, Entmutigung oder sogar zu Depressionen führen. Das rührt oft daher, da das Konzept „perfekt“ in den meisten Fällen kein objektiver Begriff ist, sondern ein fiktives Konstrukt in deinem Kopf. Was dir als perfekt erscheint, stößt womöglich bei  deinem Professor, Arbeitgeber oder deinen Freunden auf keine Gegenliebe. Selbst wenn du alle Regeln genau befolgst und allen Anforderungen scheinbar gerecht wirst, kann die Reaktion von anderen Leuten enttäuschend sein – dein Professor findet deine Hausarbeit nicht flüssig genug geschrieben und deine Schlussfolgerungen wenig überzeugend oder deine Freunde mögen das Gericht, das du mit so viel Mühe für sich gekocht hast, leider so gar nicht. Was Leute unter dem Begriff „perfekt“ verstehen ist subjektiv und schwer vorauszusehen. Dein Versuch, es allen recht zu machen, führt nicht selten zu viel Stress und Frustration und im schlimmsten Fall zu Burnout oder dem Gefühl einer kompletten Lähmung, die dich gar nichts mehr machen lässt..

 

Perfektionismus als Reaktion auf negative Erfahrungen in deiner Vergangenheit

Viele Menschen leiden unter Perfektionismus, jedoch sind Menschen mit ADHS oft besonders anfällig dafür. Als jemand mit neurodivergenten Tendenzen hast du wahrscheinlich in deiner Vergangenheit mit zahlreichen Schwierigkeiten zu kämpfen gehabt. In der Schule konntest du dich womöglich oft gar nicht konzentrieren und hast schlechte Noten erhalten. Vielleicht hast du auch bei deinen Lehrern wenig Hilfe und Unterstützung erfahren und wurdest von deinen Klassenkameraden ausgeschlossen, weil du anders als sie warst. Vielleicht hast du in der Schule immer wieder Misserfolge erlebt, z.B. wenn du ein Projekt nicht rechtzeitig fertig bekommen, deine Hausaufgaben vergessen hast oder es bei Test und Prüfungen nicht gut geklappt hat. All diese negativen Erfahrungen haben dir im Laufe der Jahre wieder und wieder gezeigt, dass du einfach nicht gut genug bist und dich mehr anstrengen solltest, um bessere Ergebnisse zu erzielen. So entstand dein Perfektionismus, den du nun als Schutzschild benutzt, als einen Mechanismus, der dich vor anderen schützen und dir das Gefühl geben soll, dass du zu ausgezeichneten Leistungen fähig bist, wenn du nur willst. 

 

Was tun gegen Perfektionismus?

Perfektionismus entwickelt sich nicht über Nacht und wird vermutlich auch nicht von heute auf morgen wieder verschwinden. Es gibt eine Fülle von Schritten, die du ausprobieren kannst, um deinem Perfektionismus entgegenzuwirken - aber es ist wichtig, dass du nicht zu schnell ungeduldig wirst oder dir zu viel Druck machst. Hier sind sechs Vorschläge, die dir vielleicht weiterhelfen: 

1. Ein besseres Bewusstsein für deinen Perfektionismus entwickeln:

Der erste Schritt, den du gegen deine perfektionistischen Verhaltensweisen unternehmen kannst, besteht darin, dir dieser Verhaltensweisen bewusst zu werden. Wenn du deinen Perfektionismus immer klarer wahrnimmst, dann kannst du deine Verhaltensweisen hinterfragen und dir überlegen, warum du diese an den Tag legst. Warum ist es dir so wichtig, perfekt zu sein? Welche Ängste liegen deinem Perfektionismus zu Grunde?  Fühlst du dich panisch, wenn du nur eine zufriedenstellende, aber keine perfekte Arbeit ablieferst? Kannst du dich deinen Ängsten stellen, ohne von ihnen überwältigt zu werden? Oder brauchst du möglicherweise professionelle Hilfe in Form eines Coaches oder eines Therapeuten?

 

2. Kleine, überschaubare Ziele setzen

Wenn dir dein Perfektionismus immer bewusster wird, hast du vielleicht das Gefühl, diesen sofort und ein für alle Male loswerden zu wollen (du machst als Perfektionist eben keine halben Sachen, sondern möchtest deine Sache so gut wie möglich – nämlich perfekt – erledigen). Aber wie schon gesagt hat dein Perfektionismus eine bestimmte Funktion in deinem Leben und ein Umdenken braucht ein bisschen Zeit. Gehe in kleinen Schritten vor und versuche zunächst einmal herauszufinden, in welchen ​​Bereichen dich dein Perfektionismus besonders beeinträchtigt. Dann kannst du ihm langsam entgegenwirken, indem du eine Liste mit Schritten entwirfst, die dich langsam von perfekt zu weniger perfekt führen.

 

3. Bewusst unvollkommen sein

Ich habe diese Methode selber oft verwendet, wenn ich vor einem leeren Computerbildschirm saß und nicht wusste, wie ich jemals mit meiner Hausarbeit oder meinem wissenschaftlichen Artikel beginnen sollte. Oft fühlte ich mich total gelähmt aus Angst, gleich zu Beginn eine falsche Richtung einzuschlagen, die das Ergebnis meines gesamten Aufsatzes bestimmen würde. Um meine Ängste zu kontrollieren, habe ich mir zwei Seiten Zeit genommen, um einfach zu brainstormen und alles aufzuschreiben, was mir zum jeweiligen Thema einfiel. Ich machte mir keine Gedanken über Rechtschreibung, Grammatik, vollständige Sätze oder Zeichensetzung, sondern mein Ziel war es einfach, Ideen zu generieren, mit denen ich meinen leeren Bildschirm füllen konnte. Auf diese Weise war ich in der Lage, meine negative Stimme auszutricksen und meine Angst vor dem Versagen zu überwinden. Immerhin war es ja nur ein erster Entwurf und konnte vor mir so oft ich wollte überarbeitet und verändert werden.

 

4. Die Zeit, die du dir für eine Aufgabe nimmst, begrenzen

Insbesondere bei einer Aufgabe wie einem Essay oder Aufsatz, gibt es oftmals kein klares Ende. Du kannst endlos an einem Text feilen, ihn überarbeiten oder sogar komplett neu schreiben, da es immer wieder etwas zu verbessern zu geben scheint. Deshalb ist es wichtig, im Voraus die Zeit klar zu begrenzen, die du für ein Projekt aufwenden willst, damit du nicht hoffnungslos in die Perfektionismus-Spirale hineinschlitterst und kein Ende findest. Nimm dir z.B. bei einem Aufsatz 60 Minuten zum Überarbeiten einer Seite und gehe dann zur nächsten Seite über, egal wie zufrieden du mit dem Ergebnis bist. Durch diese Begrenzung verleihst du deinem Projekt eine klare zeitliche Struktur und stellst sicher, dass du es am Ende auch wirklich abschließt und pünktlich abgeben kannst.

 

5. Mit einem*r Freund*in zusammen lernen

Mit einem*r guten Freund*in oder Klassenkamerad*in zusammen zu lernen kann eine super Sache sein – vorausgesetzt, dein*e Freund*in ist nicht auch ein Perfektionist. Ideen auszutauschen, sich gemeinsam auf eine Prüfung vorzubereiten oder die Hausarbeit des anderen zu lesen, kann dir dabei helfen, voranzukommen und nicht jeden Schritt zu hinterfragen. Oft findest du auch leichter den Arbeitseinstieg, weil dich der andere zum Arbeiten anhält und dir dabei hilft, effizient zu arbeiten. Ich persönlich habe in meiner Schul- und Unizeit immer sehr gerne mit Freunden gelernt und mache es auch jetzt noch gelegentlich, wenn ich eine zweite Meinung brauche oder einfach selber nicht aus dem Quark komme.

 

6. Dir regelmäßig deine Stärken und Erfolge vor Augen halten

Oft neigen wir dazu, uns nur auf unsere vermeintlichen Schwächen zu konzentrieren und unsere Stärken völlig außer Acht zu lassen. Und das ist wirklich eine schlechte Angewohnheit, weil wir dadurch all das, was wir gut können, aus den Augen verlieren. Um das zu ändern, kann es eine gute Idee sein, ein Stärkentagebuch zu führen, in das du jeden Abend drei Dinge einträgst, die an diesem Tag gut gelaufen sind. Oft reichen schon fünf Minuten aus, um diese drei Dinge kurz zu notieren – egal wie unwichtig sie dir erscheinen mögen, wie beispielsweise das Schreiben einer E-Mail an deinen Professor oder ein kurzer Spaziergang im Park. Mit der Zeit wirst du mehr und mehr erkennen, wie viele wunderbare Dinge du jeden Tag erreichst und wie viele positive Eigenschaften dich auszeichnen. Und je positiver du dich selbst wahrnimmst, desto selbstbewusster wirst du, was dein Bedürfnis nach Perfektionismus immer mehr verringert.

 

Wie gesagt ist Perfektionismus bei vielen Menschen weit verbreitet, aber er kann sich besonders stark bei Menschen mit ADHS auswirken, die viele negative Erfahrungen in ihrer Vergangenheit gemacht haben und diese nun durch überhöhte Erwartungen an sich selbst kompensieren wollen. Setz dich nicht unter Druck, sondern geh deinen Perfektionismus Schritt für Schritt an. Dein Perfektionismus wird dir wahrscheinlich noch eine Weile erhalten bleiben, aber er wird sich immer mehr verringern, wenn du kontinuierlich an deiner Denkweise arbeitest.

 

Wenn du weitere Hilfe benötigst, kannst du dir gerne meine sechs effektiven Lerntipps kostenlos herunterladen. Diese Lerntipps helfen dir dabei, in Schule und Uni wieder besser zurecht zu kommen und den schulischen und akademischen Erfolg zu erzielen, den du dir wünschst. 

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