Sechs Strategien, wie man mit scheinbar unüberwindbaren Projekten besser fertig wird

Wenn du in der Schule, an der Uni oder bereits im Arbeitsleben bist, passiert es nicht selten, dass du Aufgaben oder Projekte bearbeiten musst, die dich zunächst zu überfordern scheinen – vor allem, wenn sie komplex sind und sich über einen längeren Zeitraum erstrecken. Manchmal bekommst du dann vielleicht das Gefühl, vor einem riesigen Berg zu stehen, den du beim besten Willen nicht überwinden kannst.  

Aber anstatt dich verzweifelt zu fühlen und dich frustriert mit Videospielen, deinem Social Media Feed oder einer Tafel Schokolade abzulenken, kannst du versuchen, dich mit den folgenden sechs Strategien der Aufgabe zu stellen und sie Schritt für Schritt anzugehen. Denn mit ein bisschen Hilfe und der richtigen Technik ist ein Projekt schneller beendet - und u.U. auch kurzweiliger als zunächst gedacht.

1. Stelle sicher, dass dir alle Aspekte der neuen Aufgabe klar und verständlich sind

Finde heraus, was die Aufgabe, die du bearbeiten sollst, genau beinhaltet. Weißt du ganz sicher, wie das Endprodukt deines Projektes aussehen soll? Welche Zielvorgaben es gibt?

Wenn du beispielsweise eine Hausarbeit für ein Uniseminar schreiben sollst, ist es wichtig zu wissen, wie viele Seiten deine Arbeit haben soll, welche Schriftart und Schriftgröße erforderlich sind, wie viele Quellen du konsultieren sollst - sowie welche Vorgaben es bezüglich des Themas deiner Hausarbeit gibt.

Sobald du dir über die genauen Rahmenbedingungen im Klaren bist, kannst du damit beginnen, dein Projekt so zu strukturieren und zu organisieren, dass du es auch wirklich fertigbekommst.  

2. Teile dein Projekt in kleine, machbare Schritte auf

Menschen mit ADHS fühlen sich oft von Aufgaben und Projekten erschlagen, die ihnen zu groß oder zu abstrakt erscheinen. Daher ist es eine gute Idee, eine Aufgabe in kleinere Schritte aufzuteilen, die dir machbar erscheinen.  

Wenn wir uns noch einmal deine Hausarbeit ansehen: Du hast bereits eine gute Vorstellung davon, wie Inhalt und generelle Struktur dieser aussehen sollen. Aber wie gehst du jetzt konkret deine Arbeit an, die dir wahrscheinlich immer noch unüberwindbar erscheint?

Starte mit einer Liste mit all jenen Schritten, die es braucht, um deine Hausarbeit von Anfang bis Ende zu planen. Hier sind einige Punkte, die du in Angriff nehmen musst:

  1. Du musst zunächst ein Thema finden, das du interessant genug findest, um mehr darüber erfahren zu wollen – und das du auf den dir zur Verfügung stehenden Seiten auch abhandeln kannst.

  2. Weiterhin musst du eine bestimmte Anzahl von Artikeln oder Büchern finden, die sich wissenschaftlich mit deinem Thema befassen.  

  3. Wenn du alles recherchiert hast, brauchst du genügend Zeit, um deine Arbeit zu schreiben und sie nach bestimmten Vorgaben zu formatieren.

 

All diese Schritte, die dir in den Sinn kommen, schreibst du auf ein Blatt Papier. Wenn du fertig bist, machst du eine Pause und siehst dir dann deine Liste noch einmal kritisch an. Hast du alles Wichtige aufgeschrieben? Und sind die Schritte wirklich klein genug, so dass sie dir machbar erscheinen?

 

3. Unterteile die kleinen Schritte noch einmal in Mikroschritte

Viele der Schritte, die du aufgeschrieben hast, brauchen u.U. weitere Schritte, um zu dem von dir angestrebten Ergebnis zu kommen. Beispielsweise stellst du plötzlich fest, dass du bei einigen Schritten auf deiner Liste bezüglich deiner Hausarbeit nicht weißt, wie du sie angehen sollst:

 

Du merkst, dass du absolut keine Ahnung hast, worüber du deine Arbeit schreiben sollst. Was kannst du unternehmen, um dir mehr Klarheit zu verschaffen? Schreibe alle Möglichkeiten auf, die dir in den Sinn kommen. Du kannst z.B.

  1. online recherchieren, um mehr über mögliche Themen zu erfahren.

  2. mit deinen Kommilitonen sprechen und dich von ihnen inspirieren lassen;

  3. in die Sprechstunde deines Professors gehen, um dessen Hilfe bei der Themensuche in Anspruch zu nehmen und deine letztendliche Wahl dann von ihm absegnen zu lassen.

 

Ein weiteres Problem könnte in der Benutzung der Bibliothek liegen, die du brauchst, um Forschungsliteratur zusammen zu suchen. Mögliche Schritte wären hier,

  1. mit einem Bibliothekar zu sprechen, um Hilfe zu bekommen.

  2. selber online zu recherchieren, wie man in der Bibliothek Forschungsmaterial findet.  

  3. einen Klassenkameraden zu bitten, dir das Bibliothekssystem zu erklären.

 

Es ist wichtig, dass du auf deiner Liste alle Schwierigkeiten vermerkst, die für dich existieren und dir kleinschrittige Lösungsmöglichkeiten überlegst. Es ist viel besser, diese Schwierigkeiten aktiv zu berücksichtigen und extra Zeit für sie einzuplanen, damit du später nicht in Zeitverzug gerätst.

 

4. Verwende visuelle Tools und Checklisten

Sobald du alle Schritte festgelegt hast, ist deine Liste komplett. Nun musst du deine Liste an einen Ort heften, wo du sie sehen kannst, damit sie nicht in Vergessenheit gerät. Denn wenn du die Liste immer vor Augen hast, ist die Chance größer, dass du die einzelnen Schritte auch wirklich ausführst. Du kannst z.B. die verschiedenen Schritte auf Post-It Notes schreiben und diese an ein Whiteboard hängen – oder auch einen digitalen Task-Manager verwenden.

 

Ich persönlich verwende gerne Post-It Notes, die ich auf verschiedenen Blättern (in verschiedenen Farben) an meine Wand hefte. Zum Beispiel ist mein erstes Blatt blau und trägt die Überschrift „Noch nicht begonnen“, das zweite Blatt rot mit der Aufschrift „In Bearbeitung“ und das dritte Blatt gelb und trägt die Aufschrift „Abgeschlossen“. Jetzt kann ich alle meine Post-It Notes auf das erste Blatt kleben und sie langsam von Blatt 1 auf Blatt 2 und 3 verschieben, je weiter ich mit meinem Projekt voranschreite. Auf diese Weise kann ich ganz klar erkennen, wie viel ich schaffe und mich über den Fortschritt freuen.

 

Wenn du nicht gern mit Post-It Notes arbeitest, ist für dich vielleicht eine App besser, die dich u.U. durch einen Klingelton regelmäßig an deine nächsten Schritte erinnert. Whiteboard oder App -  es ist ganz egal, was du wählst, solange es für dich persönlich funktioniert.

 

5. Lege bestimmte Zeitblöcke fest, während denen du dich deiner Arbeit widmest

Vielen Menschen mit ADHS fällt es schwer, vorherzusagen, wie lange eine Aufgabe dauern wird und wann sie beginnen sollen. Daher ist es eine gute Idee, dich mit einem Kalender hinzusetzen und zu überlegen, wie lange jede Aufgabe ungefähr dauern könnte - und dann, wenn möglich, die doppelte Zeit dafür einzuplanen, um Ablenkungen zu berücksichtigen. Markiere Zeitblöcke in deinem Kalender, während denen du an deinem Projekt arbeiten möchtest. Auf diese Weise steht es schwarz auf weiß in deinem Kalender, so dass du genau weißt, wann es Zeit für dein Projekt ist. 

 

6. Erledige zuerst die einfachen Aufgaben

Selbst mit den oben genannten Strategien ist es oft schwierig, den Anfang zu finden. Um den Einstieg zu erleichtern ist es eine gute Idee, mit einer leichten Aufgabe zu beginnen und sich dann langsam zu schwierigeren Aufgaben vorzuarbeiten. Wenn du dir für den Tag drei Dinge vorgenommen hast, beginnst du am besten mit der kürzesten oder leichtesten Aufgabe, um ein Erfolgserlebnis verbuchen zu können.

 

Entgegen der landläufigen Meinung, zuerst den schwersten Punkt auf der To-Do Liste anzugehen, um danach nur noch einfachere Dinge machen zu können, brauchen neurodivergente Menschen erst einmal etwas Zeit, um sich in eine Sache einzufinden. Wenn sie dann einmal begonnen haben und die Dinge gut laufen, ist es viel einfacher, sich komplexeren Aufgaben zu widmen. Fang also immer mit den Dingen an, die dir machbar erscheinen, um dich dann langsam an schwierigere Aufgaben heranzuarbeiten.

 

Ein größeres Projekt zu bearbeiten ist nie einfach, aber wenn wir Schritt für Schritt vorgehen, haben wir das Gefühl, nicht so schnell die Kontrolle zu verlieren und besser mit Versagensängsten umgehen zu können. Wichtig ist, langsam aber stetig an unserem Projekt zu arbeiten, ohne uns unter Druck zu setzen. Und wenn du einen Schritt nicht innerhalb des geplanten Zeitraums abschließen kannst, ist das auch kein Grund zur Verzweiflung. Solange du bei der Sache bleibst und weitermachst, kommst du voran und schließlich auch zum Abschluss der gestellten Aufgabe. Je öfter du eine Aufgabe zum Abschluss bringst, desto mehr Übung und Vertrauen bekommst du in deine Fähigkeit, auch in Zukunft Projekte zufriedenstellend bearbeiten zu können.

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